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von Richard Stallman
Wenn Leute sehen, dass wir den Namen GNU/Linux für ein System benutzen und empfehlen, das viele andere einfach "Linux" nennen, dann stellen sie viele Fragen. Hier sind übliche Fragen, und unsere Antworten.
Der Fairness halber sollten wir wenigstens die gleiche Erwähnung bekommen.
Siehe "Linux und das GNU-Projekt" für weitere Erklärung, und "Das GNU-Projekt" für die Geschichte.
Das System GNU/Linux zu nennen, erkennt die Rolle an, die unser Idealismus im Aufbau unserer Gemeinschaft gespielt hat und hilft der Öffentlichkeit, die praktische Bedeutung dieser Ideale anzuerkennen.
Die Leute, die Linux mit dem GNU-System kombinierten, waren sich nicht bewusst, dass es das ist, worauf ihre Tätigkeit hinauslaufen würde. Sie konzentrierten ihre Aufmerksamkeit auf das Stück, das Linux war, und realisierten nicht, dass die Kombination mehr aus GNU bestand. Sie fingen an, das System "Linux" zu nennen, obwohl der Name nicht zu dem passte, was sie hatten. Wir brauchten einige Jahre, um zu erkennen, was für ein Problem das war und um dann Leute zu bitten, die Gewohnheit zu korrigieren. Zu der Zeit hatte die Verwirrung schon einen großen Vorsprung.
Die meisten Leute, die das System "Linux" nennen, haben noch nie gehört, warum das nicht richtig ist. Sie haben gesehen, dass Andere diesen Namen benutzen und nehmen an, er müsste richtig sein. Der Name "Linux" verbreitet auch ein falsches Bild vom Ursprung des Systems, weil Leute zu der Annahme neigen, die Geschichte des Systems sei so gewesen, wie es zu diesem Namen passt. Zum Beispiel glauben sie oft, seine Entwicklung sei 1991 von Linus Torvalds begonnen worden. Dieses falsche Bild neigt zur Verfestigung der Idee, dass das ganze System "Linux" genannt werden sollte.
Viele der Fragen in dieser Datei stellen die Versuche der Leute dar, den Namen zu rechtfertigen, den sie gewohnt sind zu benutzen.
Wenn Leute das ganze System "Linux" nennen, ist die Folgerung, dass sie das ganze System genau so wie den Kernel nennen. Das verursacht viele Arten der Verwirrung, weil nur Experten wissen können, ob eine Aussage über den Kernel oder über das ganze System handelt. Indem das ganze System "GNU/Linux" und der Kernel "Linux" genannt wird, vermeidet man die Zweideutigkeit.
Linus Torvalds wurde 1990 teilweise durch eine Rede über GNU in Finnland beeinflusst. Es ist möglich, dass er auch ohne diesen Einfluss einen Unix-artigen Kernel geschrieben hätte, aber es wäre wahrscheinlich keine freie Software geworden. Linux wurde 1992 frei, dadurch, dass Linus ihn unter der GNU GPL freigab. (Siehe Release Notes für Version 0.12.)
Selbst wenn Torvalds Linux unter einer anderen Freie-Software-Lizenz herausgegeben hätte, ein freier Kernel allein hätte in der Welt nicht so viel bewegt. Die Bedeutung von Linux kommt daher, dass es in einen größeren Rahmen, ein komplettes, freies Betriebssystem passt: GNU/Linux.
Es gibt hingegen Leute, die diese unsere Redensart nicht mögen. Als Antwort darauf stoßen uns diese Leute manchmal weg. Gelegentlich sind sie so unhöflich, dass man sich fragt, ob sie absichtlich versuchen, uns durch Einschüchterung zum Schweigen zu bringen. Es bringt uns nicht zum Schweigen, aber es ist auf die Spaltung der Gemeinschaft gerichtet. Deswegen hoffen wir, dass du sie überzeugen kannst, aufzuhören.
Aber das ist nur ein zweitrangiger Grund zur Spaltung in unserer Gemeinschaft. Die größte Spaltung in der Gemeinschaft gibt es zwischen Leuten, die freie Software als eine soziale und ethische Frage und proprietäre Software als soziales Problem verstehen (Unterstützer der Freie-Software-Bewegung) und solchen, die nur praktische Vorteile anführen und freie Software nur als effizientes Entwicklungsmodell vorstellen (die Open-Source-Bewegung).
Diese Meinungsverschiedenheit ist nicht nur eine Namensfrage -- es ist eine Frage von unterschiedlichen Grundwerten. Es ist wichtig für die Gemeinschaft, diese Meinungsverschiedenheit zu erkennen und darüber nachzudenken. Die Bezeichnungen "Freie Software" und "Open Source" sind die Banner der beiden Positionen. Siehe "Warum Freie Software Besser Ist als Open Source".
Die Meinungsverschiedenheit über Werte deckt sich zum Teil mit der Menge an Beachtung, die man der Rolle des GNU-Projekts in unserer Gemeinschaft schenkt. Leute, die Freiheit schätzen, nennen das System eher "GNU/Linux". Und Leute, die lernen, dass das System "GNU/Linux" ist, beachten eher unsere philosophischen Argumente für Freiheit und Gemeinschaft (das ist der Grund, warum die Wahl des Namens für das System einen echten Unterschied für die Gesellschaft macht). Aber die Meinungsverschiedenheit würde wahrscheinlich sogar existieren, wenn jeder den wahren Ursprung des Systems und seinen korrekten Namen kennen würde, weil das ein echter Streitpunkt ist. Er kann nur verschwinden, wenn wir, die die Freiheit schätzen, entweder jeden überzeugen (was nicht einfach sein wird) oder vollständig besiegt werden (lasst uns das nicht hoffen).
Die Leute, die das sagen, sind wahrscheinlich Geeks, die an die Geeks denken, die sie kennen. Geeks wissen oft nicht über GNU Bescheid, sondern viele haben eine komplett falsche Vorstellung davon, was GNU ist. Zum Beispiel denken viele, es sei eine Sammlung von "Werkzeugen", oder ein Projekt, das Werkzeuge entwickelt.
Der Wortlaut dieser Frage, die typisch ist, veranschaulicht ein anderes gängiges Missverständnis. Von "GNUs Rolle" in der Entwicklung von irgendwas zu sprechen, setzt voraus, dass GNU eine Gruppe von Leuten wäre. GNU ist ein Betriebssystem. Es wäre sinnvoll, von der Rolle des GNU-Projekts in dieser oder jener Aktivität zu sprechen, aber nicht von der von GNU.
Nahezu jeder in den entwickelten Länder weiß eigentlich, dass das "Windows"-System von Microsoft entwickelt worden ist. "Microsoft Windows" mit "Windows" abzukürzen führt also niemanden in die Irre hinsichtlich der Natur und des Ursprungs des Systems. "GNU/Linux" aber mit "Linux" abzukürzen, vermittelt eine falsche Vorstellung.
Die Frage selbst ist irreführend, weil sie "GNU" mit einer Softwareentwicklungsorganisation vergleicht. Es ergibt Sinn, das GNU-Projekt Microsoft gegenüberzustellen, oder, das mit GNU und Microsoft Windows zu tun, aber GNU und Microsoft sind nicht vergleichbar.
Das GNU-Projekt wurde nach dem GNU-Betriebssystem benannt -- es ist das Projekt, das das GNU-System entwickelt. (Schau dir auch die erste Ankündigung von 1983 auf <http://www.gnu.org/gnu/initial-announcement.de.html> an.)
Wir entwickelten Programme wie GCC, GNU Emacs, GAS, GLIBC, BASH, etc., weil wir sie für das GNU-Betriebssystem brauchten. GCC, die GNU-Compiler-Sammlung ist der Compiler, den wir für das GNU-Betriebssystem geschrieben haben. Wir, die vielen Leute, die am GNU-Projekt arbeiten, entwickelten auch Ghostscript, GNUCash, GNU Chess und GNOME für das GNU-System.
Der Kernel ist eines der Programme in einem Betriebssystem -- das Programm, das den anderen laufenden Programmen die Ressourcen der Maschine zuweist. Der Kernel kümmert sich auch um das Starten und Stoppen anderer Programme.
Um die Sache noch mehr zu verwirren: Manche Leute benutzen den Begriff "Betriebssystem" und meinen "Kernel". Beide Verwendungen des Begriffs reichen viele Jahre zurück. Die Benutzung von "Betriebssystem", um "Kernel" zu meinen, findet sich in vielen Lehrbüchern über Systemgestaltung. Das geht auf die 80er zurück. Zur gleichen Zeit, in den 80ern, verstand man unter dem "Unix-Betriebssystem", dass es alle Systemprogramme mit einschloss. Berkeleys Version von Unix enthielt sogar Spiele. Da wir GNU als ein Unix-artiges Betriebssystem beabsichtigt haben, benutzen wir den Begriff "Betriebssystem" genau so.
Meistens, wenn Leute vom "Betriebssystem Linux" sprechen, benutzen sie "Betriebssystem" mit der gleichen Bedeutung wie wir: Sie meinen die gesamte Programmsammlung. Wenn es das ist, worauf du dich beziehst, nenn' es bitte "GNU/Linux". Wenn du nur den Kernel meinst, ist "Linux" der richtige Name dafür. Aber bitte sage auch "Kernel", um Zweideutigkeit darüber zu vermeiden, welchen Teil der Software du meinst.
Wenn du einige andere Begriffe wie "System-Distribution" statt "Betriebssystem" für die gesamte Programmsammlung bevorzugst, ist das schön. Dann würdest du von GNU/Linux-Distributionen sprechen.
Weil diese beiden Konstruktionen synonym benutzt werden, kann der Ausdruck "der Linux-Kernel" schnell als "der Kernel von Linux" missverstanden werden und implizieren, dass Linux mehr als ein Kernel sein müsse. Man kann diese Möglichkeit des Missverstehens vermeiden, indem man "der Kernel, Linux" oder "Linux, der Kernel" sagt oder schreibt.
Der kürzeste gerechtfertigte Name für dieses System ist "GNU", aber wir nennen es aus nachstehend aufgeführten Gründen "GNU/Linux".
Wir werden dich also nicht kritisieren, wenn du das System einfach als "GNU" bezeichnest, um die Gebühr für den Namen "Linux" zu vermeiden.
Wenn dir noch mehr daran liegt, Ehre zu erweisen, wem Ehre gebührt, dann magst du vielleicht denken, dass einige andere Mitwirkende auch Anerkennung im Namen des Systems verdienen. Wenn dem so ist, dann liegt es uns fern, Einwände dagegen vorzubringen. Wenn du denkst, dass X11 Anerkennung im Namen des Systems verdient und du das System GNU/X11/Linux nennen möchtest, bitte sehr. Wenn du denkst, dass Perl geradezu nach Erwähnung schreit und du GNU/Linux/Perl schreiben willst, nur zu.
Da ein langer Name wie zum Beispiel GNU/X11/Apache/Linux/TeX/Perl/Python/FreeCiv albern wird, musst du an einem gewissen Punkt einen Grenzwert setzen und die Namen vieler anderer sekundärer Beiträge weglassen. Es gibt keine klare richtige Stelle für den Grenzwert, aber wo du ihn auch setzt, wir werden nichts dagegen einzuwenden haben.
Verschiedene Grenzwerte werden zu verschieden Wahlmöglichkeiten für Namen für das System führen. Aber ein Name, der unter Berücksichtigung von Fairness und Anerkennung nicht folgen kann, bei keinem möglichen Grenzwert, ist "Linux". Es kann nicht fair sein, all die Anerkennung einem sekundären Beitrag (Linux) zu zollen, während man den Hauptbeitrag (GNU) weglässt.
Linux ist kein GNU-Paket; das heißt, dass es nicht unter Leitung des GNU-Projekts entwickelt oder speziell zum GNU-Projekt beigesteuert worden ist. Linus Torvalds hat Linux selbstständig geschrieben, als sein eigenes Projekt. Deswegen ist die Bedeutung "Linux, welches ein GNU-Paket ist" nicht richtig.
Wir sprechen nicht von einer GNU-Version von Linux, dem Kernel. Das GNU-Projekt hat keine gesonderte Version von Linux. GNU/Linux-Systeme benutzen keine verschiedene Version von Linux; der Haupteinsatz von Linux ist in diesen Systemen, und die Standardversion von Linux wird für sie entwickelt. Also ist "GNUs Version von Linux" auch nicht richtig.
Wir sprechen über eine Version von GNU, dem Betriebssystem, die sich dadurch unterscheidet, dass sie Linux als Kernel benutzt. Ein Slash passt, weil er "Kombination" meint. (Denke an "Input/Output".) Dieses System ist die Kombination von GNU und Linux; daher "GNU/Linux".
Es gibt andere Arten, die "Kombination" zum Ausdruck zu bringen. Wenn du ein Plus-Zeichen für eindeutiger hältst, benutze das bitte. Im Französischen ist ein Gedankenstrich eindeutig: "GNU-Linux". Auf Spanisch sagen wir manchmal "GNU con Linux".
Aber wenn du bevorzugst, das System "Linux/GNU" zu nennen, ist das viel besser als das, was Leute üblicherweise tun, nämlich GNU vollständig wegzulassen und den Anschein zu erwecken, das ganze System wäre Linux.
Wir können sie nicht ändern, aber wir sind nicht diejenigen, die aufgeben, nur weil der Weg nicht einfach ist. Du magst nicht so viel Einfluss zur deiner Verfügung haben wie IBM oder Red Hat, aber du kannst dennoch helfen. Zusammen können wir die Situation bis zu dem Punkt ändern, an dem Firmen mehr Gewinn machen, indem sie es "GNU/Linux" nennen.
Die Frage ist, wie man versucht, das zu ändern.
Da der Großteil der diese Version von GNU benutzenden Gemeinschaft schon nicht begreift, dass es eine solche ist, und diese verdorbenen Versionen mit der Begründung ablehnt, dass sie nicht wirklich GNU seien, würde er den Benutzern nicht beibringen, Freiheit mehr zu schätzen. Sie würden nicht die beabsichtigte Botschaft verstehen. Sie würden in erster Linie nur antworten, dass sie nicht gedacht hätten, dass diese Systeme GNU wären.
Der Weg, diese Benutzer dahin zu bekommen, eine Verknüpfung mit Freiheit zu sehen, ist das genaue Gegenteil: Man muss sie informieren, dass all diese Versionen des Systems Versionen von GNU sind und dass sie alle auf einem System beruhen, das ausdrücklich wegen der Freiheit des Benutzers existiert. Mit diesem Verständnis können sie beginnen, Lindows und das sogenannte "United Linux" als pervertierte, verdorbene Versionen von GNU zu erkennen.
Es ist sehr nützlich, GNU/Linux-Benutzergruppen zu gründen, die das System GNU/Linux nennen und die Ideale des GNU-Projekts als Basis ihrer Aktivitäten verwenden. Wenn bei der Linux-Benutzergruppe in deiner Umgebung das oben beschriebene Problem besteht, empfehlen wir dir, dich entweder innerhalb dieser Gruppe für eine Änderung ihrer Ausrichtung (und ihres Namens) einzusetzen, oder eine neue Gruppe zu gründen. Die Leute, die sich auf die oberflächlicheren Ziele konzentrieren, haben ein Recht auf ihre Ansichten, aber lass sie dich nicht mitreißen!
Was die Entwicklung einer Distribution von GNU/Linux betrifft, das haben wir schon einmal getan, indem wir die frühe Entwicklung von Debian GNU/Linux finanziell unterstützten. Das jetzt noch einmal zu tun, scheint nicht sinnvoll zu sein; es wäre viel Arbeit und würde auch keinen Zweck haben, wenn die neue Distribution nicht substanzielle praktische Vorteile gegenüber anderen Distributionen hätte.
Es gibt einen anderen Grund, warum wir keine existierende Version von GNU/Linux nehmen und als "GNU" umbenennen wollen: Das wäre ein bisschen wie, sich eine Version des GNU-Systems vorzunehmen und diese als "Linux" zu bezeichnen. Das ist nicht richtig gewesen, und deswegen wollen wir uns nicht so verhalten.
Die Leute, die die Änderungen gemacht hatten, zeigten wenig Interesse daran, mit uns zusammen zu arbeiten. Einer von ihnen sagte uns sogar, kein Interesse an der Zusammenarbeit mit dem GNU-Projekt zu haben, da er ein "Linux-Benutzer" sei. Das war wie ein Schock, denn normalerweise wollten die Leute, die GNU-Pakete auf andere Systeme portierten, mit uns zusammenarbeiten, um ihre Änderungen installiert zu bekommen. Doch diese Leute, die ein hauptsächlich auf GNU gegründetes System entwickelten, waren die erste (und praktisch noch die einzige) Gruppe, die unwillig gewesen ist, mit uns zusammen zu arbeiten.
Es ist diese Erfahrung, die uns zum ersten Mal zeigte, dass Leute eine Version des GNU-Systems "Linux" nennen und dass diese Irritation unsere Arbeit behinderte. Dich zu bitten, das System "GNU/Linux" zu nennen, ist unsere Antwort auf das Problem und auf andere durch die falsche Bezeichnung "Linux" verursachte Probleme.
GNU, das Betriebssystem, besteht aus vielen verschiedenen Programmen. Einige der Programme in GNU sind als Teil des GNU-Projekts geschrieben oder speziell dazu beigesteuert worden; das sind GNU-Pakete, in deren Namen wir oft "GNU" benutzen.
Es liegt an den Entwicklern eines Programms, zu entscheiden, ob sie es beisteuern und daraus ein GNU-Paket machen wollen. Wenn du ein Programm entwickelt hast und daraus ein GNU-Paket machen willst, bitte schreibe an <[email protected]>, sodass wir es bewerten und entscheiden können, ob wir es wollen.
Es wäre nicht fair, den Namen GNU auf jedes einzelne Programm zu setzen, das unter GPL herausgegeben wird. Wenn du ein Programm schreibst und es unter GPL herausgibst, heißt das nicht, dass es das GNU-Projekt geschrieben hat oder du es für uns geschrieben hast. Zum Beispiel der Kernel, Linux, wird unter der GNU GPL veröffentlicht, aber Linus hat ihn nicht als Teil des GNU-Projekts geschrieben -- er hat die Arbeit selbstständig getan. Wenn etwas kein GNU-Paket ist, kann das GNU-Projekt dafür keine Anerkennung bekommen und ein "GNU" in seinem Namen wäre unangemessen.
Im Gegensatz dazu verdienen wir durchaus die gesamte Anerkennung für das GNU-Betriebssystem als Ganzes, obgleich nicht für jedes einzelne Programm darin. Das System existiert als System aufgrund unseres Entschlusses und unserer Beharrlichkeit. Wir hatten 1984 damit angefangen, Jahre, bevor Linux begonnen wurde.
Das Betriebssystem, in dem Linux bekannt geworden ist, ist im Wesentlichen das Gleiche wie das GNU-Betriebssystem. Es ist nicht ganz das Gleiche, weil es einen unterschiedlichen Kernel hat, aber es ist größtenteils das Gleiche. Es ist eine Variante von GNU. Es ist das GNU/Linux-System.
Linux wird weiterhin hauptsächlich in Derivaten dieses Systems benutzt -- in den heutigen Versionen des GNU/Linux-Systems. Was diesen Systemen ihre Identität gibt, sind GNU und Linux im Zentrum dieser Systeme, nicht speziell Linux allein.
Es kommt kein Code aus GNU von Unix, aber GNU ist ein Unix-kompatibles System; deswegen kommen viele der Ideen und Spezifikationen aus GNU doch von Unix. Der Name "GNU" ist eine humorvolle Art, Unix Tribut zu zollen. Das folgt einer Hacker-Tradition der rekursiven Akronyme, die in den 70ern angefangen hat.
Das erste solcher rekursiven Akronyme war TINT, "TINT Ist Nicht TECO". Der Autor von TINT schrieb eine andere Implementierung von TECO (es gab schon viele von ihnen, für verschiedene Systeme). Aber anstatt es mit einem blödsinnigen Namen wie "etwasoderanderes TECO" zu bezeichnen, dachte er an einen klugen, amüsanten Namen. (Das ist es, was Hacking bedeutet: spielerische Klugheit.)
Andere Hacker hatten so viel Spaß an dem Namen, dass wir den Ansatz übernahmen. Es wurde Tradition, dass, wenn du ein Programm von Grund auf neu schriebst, das einem existierenden Programm ähnelte (stellen wir uns vor, sein Name wäre "Klever"), du ihm den Namen eines rekursiven Akronyms geben konntest, wie zum Beispiel "MINK" für "MINK Ist Nicht Klever". In diesem Geist nannten wir unseren Ersatz für Unix "GNU Ist Nicht Unix."
AT&T, die Unix entwickelten, wollten von niemandem dadurch Anerkennung bekommen, dass jemand den Namen "Unix" im Namen eines ähnlichen Systems benutzt. AT&T wollte das nicht einmal, wenn das System Code von Unix benutzte, oder sogar zu 99% Unix war. AT&T lehnte das so sehr ab, dass es einen wegen Markenverletzung bedroht hätte zu verklagen, wenn man auf diese Weise versucht hätte, AT&T Anerkennung zu zollen. Das ist der Grund, warum jede der vielen, von verschiedenen Computerfirmen produzierten, modifizierten Versionen von Unix (alle genau so proprietär wie Unix) andere Namen hatten.
Das BSD-System wurde als nicht-freie Software in den 80ern von der UC Berkeley entwickelt und wurde in den frühen 90ern frei. Ein heute existierendes, freies Betriebssystem ist nahezu gewiss entweder eine Variante des GNU-Systems oder eine Art BSD-System.
Leute fragen manchmal, ob BSD wie GNU/Linux auch eine Variante von GNU sei. Nein. Die BSD-Entwickler wurden durch das Beispiel des GNU-Projekts dazu angeregt, ihren Code zu freier Software zu machen. Explizite Appelle von GNU-Aktivisten halfen, sie zu überzeugen, damit anzufangen, aber der Code hatte nur wenig Überschneidung mit GNU.
BSD-Systeme benutzen heutzutage einige GNU-Pakete, genau wie die GNU-Systeme und ihre Varianten einige BSD-Programme benutzen; dennoch, als Ganzes gesehen sind sie zwei verschiedene Systeme, die sich getrennt entwickelt haben. Die BSD-Entwickler hatten keinen Kernel geschrieben, den sie zum GNU-System hinzufügten. Daher würde ein Name wie GNU/BSD der Lage nicht gerecht werden.
Die Verknüpfung zwischen GNU/Linux und GNU ist viel enger, weswegen der Name "GNU/Linux" dafür passend ist.
Es gibt eine Version von GNU, die den Kernel von NetBSD benutzt. Seine Entwickler nennen sie "Debian GNU/NetBSD", aber "GNU/kernelvonNetBSD" wäre zutreffender, da NetBSD ein vollständiges System ist, nicht nur der Kernel. Das ist kein BSD-System, da der Großteil des Systems dem GNU/Linux-System gleicht.
Leute, die den Kernel für wichtiger als den Rest des Systems halten, sagen: "Sie alle enthalten Linux, also lasst sie uns alle Linux-Systeme nennen." Aber auch nur zwei dieser Systeme sind grundverschieden. Sie beim gleichen Namen zu nennen, ist irreführend. (Es lässt Leute zum Beispiel denken, der Kernel sei wichtiger als der gesamte Rest des Systems.)
In den kleinen, eingebetteten Systemen mag Linux der Großteil des Systems sein; "Linux-Systeme" ist vielleicht der richtige Name für sie. Sie sind ganz anders als GNU/Linux-Systeme, die mehr aus GNU als aus Linux bestehen. Das hypothetische IBM-System würde sich von diesen beiden unterscheiden. Der richtige Name dafür wäre AIX/Linux: Im Grunde AIX, aber mit Linux als Kernel. Diese verschiedenen Namen würden dem Benutzer aufzeigen, wie sich diese Systeme unterscheiden.
Linus bekundet öffentlich seine Uneinigkeit mit den Idealen der Freie-Software-Bewegung. Er hat in seinem Job jahrelang nicht-freie Software entwickelt (und das auch vor einem großen Publikum auf einer "Linux"World-Show zugegeben). Auch hat er Mitentwickler von Linux, dem Kernel, öffentlich zur Benutzung nicht-freier Software eingeladen, um mit ihm daran zu arbeiten. Er geht sogar weiter, indem er Leute zurechtweist, die vorschlagen, dass Techniker und Wissenschaftler die sozialen Konsequenzen unserer technischen Arbeit berücksichtigen sollten -- damit weist er die Lektionen ab, die die Gesellschaft von der Entwicklung der Atombombe gelernt hat.
Es ist nichts falsch daran, ein freies Programm aus Beweggründen des Lernens oder Spaßhabens zu schreiben; der Kernel, den Linus aus diesen Gründen geschrieben hat, ist ein wichtiger Beitrag an unsere Gemeinschaft. Aber diese Beweggründe sind nicht der Grund, warum das komplette freie System, GNU/Linux, existiert, und sie werden unsere Freiheit in Zukunft nicht sichern können. Die Öffentlichkeit muss das wissen. Linus hat das Recht, für seine Ansichten zu werben; aber die Leute sollten sich bewusst sein, dass das besagte Betriebssystem von den Idealen der Freiheit abstammt, nicht von seinen Ansichten.
Es ist ineffektiv, weil es vielleicht keine Wirkung hat und sich sicherlich nicht verbreiten wird. Einige derer, die sich deine Erklärung anhören, werden aufpassen und vielleicht ein korrektes Bild des Systemursprungs lernen. Aber sie können Anderen die Erklärung wahrscheinlich nicht wiederholen, wann auch immer sie über das System sprechen. Sie werden es wahrscheinlich einfach "Linux" nennen. Ohne es speziell zu beabsichtigen, werden sie bei der Verbreitung des falschen Bildes helfen.
Es ist ineffizient, weil es viel mehr Zeit braucht. "GNU/Linux" zu sagen und zu schreiben, wird dich nur ein paar Sekunden am Tag kosten, nicht Minuten. Auf diese Weise kannst du daher weit mehr Menschen erreichen. Beim Schreiben und Sprechen zwischen Linux und GNU/Linux zu unterscheiden, ist bei weitem der einfachste Weg, dem GNU-Projekt effektiv zu helfen.
Warum riskieren wir es, eine Bitte anzubringen, der manchmal dazu führt, dass Leute uns lächerlich machen? Weil es oft nützliche Ergebnisse hat, die dem GNU-Projekt helfen. Um unsere Ziele zu erreichen, gehen wir das Risiko ein, unverdient beschimpft zu werden.
Wenn du eine solche ironischerweise unfaire Situation aufkommen siehst, schau' bitte nicht einfach zu. Bitte erzähle den Lachenden die wirkliche Geschichte. Wenn sie dann sehen, warum die Bitte gerechtfertigt ist, werden diejenigen aufhören zu lachen, die auch nur etwas Verstand haben.
Es hat keinen Sinn, sich über abgeschreckte Leute zu ärgern, die sowieso meistens unkooperativ sind. Und es ist selbstvernichtend, von der Korrektur eines Hauptproblems abgehalten zu sein, um die Leute nicht zu verärgern, die es aufrechterhalten. Deswegen werden wir weiter versuchen, die Falschbezeichnung zu korrigieren.
Wir hoffen, dass du genau wie wir dieser Prämisse nicht zustimmst.
Wir hätten nie ein freies Betriebssystem entwickeln können, ohne erst den Glauben vieler Leute abzulehnen, dass proprietäre Software legitim und hinnehmbar wäre.
Wir hoffen, dass du einer von denjenigen bist, für die richtig und falsch zählt.
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Übersetzt von Richard Steuer <ri.st(at)freenet.de>
Updated: $Date: 2006/03/25 19:10:49 $ $Author: ri_st $